Sansibars Speisen sind ein wildes Durcheinander unterschiedlicher Küchen. Die Inder waren hier, die Araber, Engländer, Asiaten. Alle haben kulinarische Spuren hinterlassen. Die viel gelobte Gewürzinsel findet aber nach unseren Erfahrungen nach nur in Büchern statt – die Gewürze selbst scheinen eher für den Export bestimmt, denn so viel Geschmacksraffinesse, wie wir dachten, fanden wir eigentlich nicht in den landestypischen Gerichten.
In Paje, an der Ostseite der Inseln wo wir waren, gab es keine große Auswahl an Restaurants. Dennoch haben wir recht gut gegessen. Am ersten Abend gingen wir ins Chamb Restaurant (Adresse: Am Strand!), das einem Fischer gehört. Wir waren die einzigen Gäste, saßen draußen im Stockdunkeln, bis der Kellner eine batteriebetriebene Neonlampe an den Deckenbalken hing. Die Romantik mussten wir uns denken. Auch eine Karte gab es nicht. Es wird gegessen, was in den Fangnetzen hängen bleibt. Wir hatten schmackhafte scharfe Pili Pili (Chili) Prawns mit Kokossauce und einen lokalen, weiß- und festfleischigen Fisch namens Taksi oder so… Lecker.
Nebenan gibt es das Jambo Restaurant, das bis vor Kurzem von einer Deutschen (Sandra, wir haben sie kurz kennengelernt) betrieben wurde und nun in einheimischer Hand ist. Eine einfache Strohhütte im Sand. Der Chef ist etwa Mitte 20, seine Freunde wuseln als Kellern, Köche oder DJ zwischen Bar, Küche und den Tischen hin und her. Der Rastafa, der uns meist bediente, war schon mal in Deutschland und sprach auch ein paar Worte, meist “langsam, langsam”… Aber wir hatten eh die Ruhe weg – Füsse im Sand, ein kaltes Kilimanjaro Bier in der Hand. Wer will da schon hetzen? Während unseres Urlaubs errichteten die Jungs gleich vorn am Strand noch eine Bar, als Kasse dient ein Klo. Auf dem Areal fällt oft der Strom aus, dann rattert ein Generator und wenn auch der den Geist aufgibt, zünden die Jungs ein paar Kerzen an. Feuer haben sie immer, denn auch ihr Joint will nicht unangezündet bleiben. Auch hier gibt es vor allem Fisch, in kleiner Auswahl und einen guten Avocado-Salat als Vorspeise.
Gleich hinter dem Jambo steht das Dhow Inn, ein Hotel/Pensions-Betrieb mit angeschlossenem Restaurant. Hier stimmt der erste Eindruck und die aus europäischer Sicht damit einhergehende Erwartung: der Speiseraum in der schönen Anlage ist liebevoll und schick eingerichtet, die Tische hübsch dekoriert. Das Dhow Inn wird seit September 2010 von einem Österreicher geführt, mit dem wir ab und an ein Schwätzchen hielten. Er bringt Professionalität in den Laden, die man hier sonst oft nicht findet, aber eigentlich auch nicht vermisst. Die Gerichte sind gut, lecker, ansprechend zubereitet und natürlich auch etwas teurer als sonst wo in Paje. Dennoch: kein vergleich zu unseren preisen, Für etwa 35 Euro bekommt man hier für zwei Personen und gutes Abendessen. Kostenloses Wifi gibt es sozusagen als Nachtisch. Das Dhow Inn hat derzeit nur sieben Zimmer, allerdings will es sich in nächster Zeit stark vergrössern.
Schnell aber wollten wir wirklich lokal essen und machten uns auf den Weg ins Dorfinnere von Paje, auf der Suche nach “Baba Lisha”, (übersetzt: Mann, der kocht) also Essen von Straßenverkäufern. In den Reiseführern hatten wir viel darüber gelesen und waren hungrig. Nach einem kurzen Spaziergang trafen wir auf einen jungen Verkäufer einer Touristenbude und fragten ihn, welche Baba Lisha er uns empfehlen kann. Maulid war sein Name – und schon mit den ersten Schritten durch’s Dorf war klar: wie werden Freunde. Maulid zeigt uns zunächst ein BBQ-Lokal, in dem aber wirklich alle Mitarbeiter so stoned waren, dass wir uns nicht vorstellen mochten, was hier so auf den Grill kommt. Also führte uns Maulid zu einem Mishkaki Baba Lisha, der Huhn und Rind-Spiesschen auf einem kleinen Ofen grillte. Sehr knorpelig, aber eine Erfahrung wert. Dahinter wurden auf offenem Feuer in einem großen gußeisernen Topf Chipsi aka Pommes frittiert.
Gegenüber dann ein Supu-Stand: Ein paar zusammengenagelte Bretter, ein paar Bänke, ein Dach, ein Feuer mit einem großen Topf. Fertig ist die Suppenküche. Supu ist eine kräftige Rinderbrühe mit fünf verschiedenen Gewürzen und Rindfleisch. Dazu gibt es Pili Pili (Chili) und Zitrone sowie ein Stück Brot. Einfach, aber wirklich saulecker. Als Nachtisch heiße, gewürzte Milch und für Nachkatzen wie uns von gegenüber noch ein paar saftige Datteln. Als wir eines anderen Abends erneut Supu essen wollten, nahmen wir unsere Massai Freunde Thomas und Joseph mit. Wir hatten schon gehört, welch großen Fleischappetit die Massai haben (angeblich schaffen es Massaimänner unter Umständen sieben Kilo Fleisch zu essen) – also luden wir die beiden nach der Supu noch zu Mishkaki ein. Allerdings mögen Massai nur Rind, kein Kuku (Huhn) – ach ja und vor Samaki (Fisch) oder allein nur von dessen Geruch rennen sie schreiend weg. Rind war ihr Ding und sie futterten draufos.
Als wir in unserem Hotel von unserer Supu-Erfahrung schwärmten und unserer Barfrau Lily nach anderen einheimischen Spezialitäten fragten, überraschte sie uns am nächsten Morgen mit etlichen selbstgemachten Leckereien. Sie muss seit dem Sonnenaufgang in der Küche gestanden haben… denn was sie aus ihrer Tüte holte, war schier unglaublich. Es gab Mantabali, gefülltes Chapati-Brot (eine Mischung aus Naan und Pfannkuchen), Kababu (eine Art Frikadellen), Katlesi (Kartoffelbreibällchen gefüllt mit Minze und Fleisch) und Sambusa (ähnlich wie die indischen Samosas, also gefüllte Teigdreiecke). Alles hausgemacht und frisch, teilweise noch warm. Es war viel zu viel – aber soooo gut.

Lily ist nicht nur die weltbeste Lassi-Macherin (wir nannten sie ab Tag drei Lily Lassi-Queen) und ein herzensguter Mensch, sondern auch noch eine hoch begabte Köchin. Wir hegen die Hoffnung, dass sie sich irgendwann mal mit diesem Können selbständig macht oder ihr Bruder Humphrey, der die Bar führt, das dortige Angebot um solch Leckereien erweitern kann. Angefixt von soviel wirklich lokalen Spezialitäten wollten wir von Maulid wissen, wie das Essen denn in der “großen” Stadt Stonetown sei. Auch sein Tipp war: wir müssen uns unbedingt dort den Nachtmarkt Forodhani Gardens anschauen, denn dort stehen abends etliche Baba lisha und verkaufen ihre Waren. Also nichts wie hin. Maulid haben wir schnell gefragt, ob er Lust hat, uns zu begleiten und uns durch

die Stadt zu führen und schon ging’s los. Auf dem Markt war der Teufel los. Wir waren am letzten Abend der Feiertage von Idd-al-Fitr, dem Ende von Ramadan dort – und der Nachtmarkt war einen Haufen bunter, glänzender Kleider, Schleifchen, Schleier, funkelnder Steine, Strass und hübsch gemalten Hennahänden. Alle waren fein herausgeputzt und machten rund um die Baba lisha-Stände Familienpicknik. Maulid führt uns durch die Stände und versuchte vergeblich uns, vor den vielen Papasis zu beschützen, die hier auf die wenigen Touris lossprangen und versuchten, ihnen/uns alles mögliche anzudrehen. Aber er wusste, wo es gutes Essen gab und schwärmte uns mit großen Augen von der einheimischen Pizza vor, die es hier an fast jeder Ecke zu geben schien.
Wobei die Pizza auf Sansibar natürlich rein gar nichts mit italienischer Pizza zu tun hat (weder die hier auf dem Markt, die die Unähnlichkeit nicht mal zu verstecken versuchte, noch die in irgendeinem italienischen Restaurant, egal was die Roughguides dieser Welt sagen. In Italien würden die Pizzabäcker, zum Beispiel vom Hotel/Restaurant “Paje by Night” für ihren Fraß mit Betonfüssen zum Baden geschickt). Die sansibarische Pizza-Variante ist eher ein Puffer-ähnlicher Teig, der mit allerlei Dingen gefüllt wird, bei uns mit Ei, Tomate, Huhn. Darüber kommt dann eine Tomaten- oder Pilipili Sauce – und es schmeckte hervorragend.
Jenke bekam bei den vielen eingelegten, gegrillten oder gekochten Tintenfisch und Calamaris-Angeboten große Augen und probierte hier und da. Für Angie gab es von einem total zugekifften Verkäufer, der sich herzlich über die unsere Bestellung bedankte,
saftiges Kokosnuss-Brot, etwas trockende Falafelbällchen und die wohl teuerste gebackene Banane der gesamten Milchstrasse. Als Getränk gibt es überall und an jeder Ecke- auch in der Innenstadt von Stonetown – leckeren Zuckerrohrsaft, der frisch gepresst und mit viel Eis und Zitrone getrunken wird. Warum kann es so etwas einfaches und gutes nicht auch bei uns geben? Seufz….. Ziemlich schnell waren wir satt und glücklich und haben den Nachtmarkt Nachtmarkt sein lassen und unsere vollen Bäuche in die Waagerechte gebracht. PS: Egal wie eigentümlich oder einfach Küchen, wie standardlos die Herstellung – wir haben uns überall ohne Probleme durch Sansibar gefuttert. Kein Magenzucken, kein Grummeln.