Ein Kurztrip nach Istanbul. Als Zwischenstopp zwischen einem langen und ruhigen Urlaub. Irgendwie war alles ganz anders, als wir uns das vorgestellt hatten. Nämlich noch viel schöner. Innerhalb kurzer Zeit entdeckten wir den Zauber dieser stolzen Stadt, waren eingenommen von der Freundlichkeit ihrer Bewohner, verliebten uns etliche Male in Katzen und wurden Fans von türkischem Streetfood. Unser erstes Erlebnis in Istanbul begann nachts am Flughafen Sabiha Gökçen an, der auf der asiatischen Seite liegt. Wir hatten einen Chauffeurdienst beim Hotel bestellt. Der freundliche ältere Mann bot uns in seinem klimatisierten Kleinbus Wasser und Obst an und rauschte mit uns durch die klare Nacht, auf blitzblanken Ledersitzen in Richtung orange-golden schimmernde Megametropole.
Unsere Unterkunft, das Sebnem Hotel lag inmitten der Istanbuler Altstadt Sultan Ahmet und ein müder junger Mann empfing uns gegen 4Uhr nachts und brachte uns auf unser Zimmer. Mit Bosporus Blick. Jenke stand noch etwa eine Stunde am Fenster und lugte auf das Wasser. Ich hingegen versank in einen tiefen Schlaf.
Der Ruf des Muezzins erweckt uns schon kurze Zeit später. Einige Zeit schon konnten wir ihn ausblenden und in unsere Träume einknüpfen, aber irgendwann klappt das nicht mehr. So stehen wir nach wenigen Stunden schon wieder auf. Das reichhaltige türkische Frühstück wird auf der Dachterrasse serviert. Zwar plärrt hier der unvermeidliche Fernseher, aber der Blick von hier oben entschädigt alles. Die Hagia Sophia liegt praktisch nebenan. Also los. Die ehemalige Krönungskirche byzantinischer Kaiser liegt wirklich nur ein paar Schritte entfernt, hinter der nächsten Straßenecke sozusagen, auf der uns vor allem Katzen und Backpacker begegnen. Die Katze liegen dösend auf warmen Automotorhauben, die Backpacker in weichen großen Kissen und rauchen Wasserpfeife. Vor der Sophienkirche bildet sich bereits vormittags eine lange Schlange von Touristen. Wir ziehen weiter, da wir es noch vor der Schließung zum Gottesdient in die blaue Moschee schaffen wollen. Schuhe aus und durch.
Wieder draußen treffen wir auf die Touristenpolizei, die auf Segway ähnlichen Gefährten unterwegs ist, ratlosen Hilfe anbietet, den richtigen Weg kennt und ansonsten freundlich lächelnd auf ihren schicken Vehikeln steht. „Hallo, kann ich da mal mitfahren?“ will ich wissen. Das hat sie anscheinend noch keiner gefragt. Fotos auf den elektrischen Dreirädern machen viele. Aber mitfahren? Der Polizist schaut mich verdutzt an. Ich lächle. Er nickt. Ich solle aufsteigen und mich festhalten. Ich kann es nicht fassen. Los geht’s. Das Ding geht richtig ab, die Touris springen aus dem Weg und wir brausen davon. Macht das Spaß! Leider drehen wir nur eine kurze Runde. Genug aber um die Erkenntnis zu bekommen „You have a great job!“. Der Polizist lächelt. Ja, das hat er. Den Videobeweis gibt es übrigens weiter unten!Wir ziehen weiter, Richtung großer Bazar. Machen Halt zum Mittag in einer Gözleme-Bude und schauen den Frauen zu, wie sie die Teigfladen an extrem heißen gewölbten Teigplatten zu bereiten. Eine Köstlichkeit. Im großen Bazar dann werden wir gefühlte hundert Male angesprochen. „Wanna buy carpet?“ Irgendwann gehe ich zu einem jungen Verkäufer und frage ihn, ob er wirklich glaubt, dass alle Paare hier einen Teppich kaufen wollen. Ja, besteht er. Zumindest neun von zehn. Ach so. Dann sind wir die Nummer zehn. Unsere Blicke ziehen vorbei an Fake-Taschen von Gucci, Prada und CO., an schwerem Goldschmuck, bunten Tüchern, Atatürk Bildern. Vorbei an sich streitende Marktverkäufer, an verstohlene Kinderblicke auf buntes Plastikspielzeug, an den jungen Cay Verkäufern, die mit ihren vollen Tabletts durch die engen Gassen des Markts ziehen. 3000 Geschäfte gibt es hier, das Gewusel ist irre und zu viel für unsere müden Augen.
Wir verlassen die Altstadt und spazieren weiter Richtung Wasser. Unterhalb der Galata Brücke kaufen wir ein Balik Ekmeks, ein Fischbrötchen an irgendeiner Bude und ärgern uns, dass es nicht wirklich schmeckt. Später so hören wir, hätten wir auf die Touri-Boote setzen sollen, die direkt an der Brücke vom schaukelnden Grill verkaufen.
Auf der anderen Seite liegt Beyoglu, zwar immer noch auf der europäischen Site, aber schon eine andere Welt. Höhere Häuser, breitere Straßen. Ein Tumult. Junge Menschen, gepierct, dünne Mädchen auf hohen Hacken, rufende Simit-Verkäufer, anatolische Frauen, deren Schönheit sich nur hinter ihren Schleiern vermuten lässt. Ein toller Ausblick vom Galataturm. Hier schlängelt sich eine Straße steil nach oben zum Tünel Platz. Von dem eine alte und ruckelige Straßenbahn über die wuselige Einkaufsmeile Istikal Straße zum Taksimplatz führt. Wer in Istanbul shoppen will, der ist hier genau richtig. Aber auch Foodies dürften hier auf ihre Kosten kommen. Wir trauen uns am Abend an die gefüllten Muscheln, die überall auf den Straßen angeboten werden. Street Food at its best. Mit Reis und Kräutern gefüllt, man kann gar nicht mehr aufhören so lecker sind die –frisch sind sie übrigens alle. Ein wahres Streetfood Paradies ist die Gasse Sahne Sokak, die von der Hauptstraße abgeht. Wir können uns nicht entscheiden, also essen wir einfach überall einen kleinen Happen.
Satt sind wir natürlich noch lange nicht. Und es trifft sich, dass wir auf dem Weg zurück ins Hotel direkt am Wasser gelegen Rast machen, um einen Cay zu trinken. Kaum sitzen wir erschüttert ein klagevolles Mauzen ganz Istanbul. Und unsere Ohren. Eine winzig kleine Babykatze hat sich zu unseren Füßen aufgebaut und jault, was ihr kleiner Resonanzkörper so hergibt. Hunger. Da passt es sehr gut, dass direkt um die Ecke ein kleiner Fischmarkt liegt. Jenke steht also auf und holt eine Handvoll Sardellen. Übrigens geschenkt. Der Fischverkäufer ahnt, dass nicht der Tourist die Fische roh verschlingen will und verzichtet auf den Kaufpreis. Ein Mann mit Herz für Katzen, wie die meisten Istanbuler.
Nachdem langsam die Sonne untergegangen ist, die kleine Mietze mit dickem Bauch auf unserem Schoß ihr Verdauungsschläfchen beendet hat, bekommen auf wir langsam wieder Appetit und müssen nicht lange suchen. Etwa zwanzig Meter weiter hatte sich nach und nach ein großes Fischrestaurant mit ebenso großer Terrasse gefüllt und wir können unzählige Mezeplatten, fluffiges Brot und Raki-Flaschen sehen und gegrillten Fisch riechen. Die Mietze verabschiedet sich sogleich lautlos. Wir blieben natürlich mit gebrochenen Herzen zurück.Am nächsten Tag geht es für uns recht früh zum Flughafen Atatürk und von dort aus weiter nach Nordzypern, wo wir uns ein schickes Haus mit eigenem Pool gemietet haben. Der war bei ca 38 Grad auch nötig – ebenso wie die Schatten spendende Markise, unter der Jenke fortan zwei Wochen sitzt und an seinem Buch schreibt, während ich im Pool plantsche. Und mich um eine weitere Katze kümmere die trächtig ist und die nach wenigen Tagen ihre Kinder bei uns im klimatisierten Haus zur Welt bringt. Ein Erlebnis! Aber das ist eine andere Geschichte. Nur so viel sei hier erwähnt: die Katzen sind alle wohlauf und leben mittlerweile in Bayern. Wie wir das hinbekommen haben? Verraten wir nicht, war teilweise nicht wirklich legal. Über Nordzypern können wir auch deshalb nicht viel erzählen, außer dass die Insel noch sehr ursprünglich ist und kaum etwas für den verwöhnten, luxusgewöhnten Touristen bietet. Außer: Ruhe! Für uns also ideal.
Da der Nordteil der Insel nicht offiziell anerkannt ist, fliegen wir erholt wieder zwei Wochen später zurück via Istanbul und haben uns dieses Mal ein Zimmer im schickeren Odda Hotel in Beyoglu ausgesucht. Zunächst sind wir skeptisch, denn das Haus liegt inmitten der Partymeile dieses Stadtteils. Der Concierge aber beruhigt uns und verweist auf die schalldichten Fenster der Suite, in die er uns upgegraded hat. Oben dann können wir es nicht fassen. Es ist tatsächlich ruhig, obwohl draußen die Bässe der Clubs wummern. Wir öffnen das Fenster und schon schlägt uns eine Musikwelle entgegen. Wieder zu. Ruhe. Wieder auf. Lärm. Toll! Ein paar gefüllte Muscheln, Snacks und Rakis später schlummern wir wie zwei nordzyprische Kätzchen seelenruhig und betonfest nur ein paar Meter neben den wohl lautesten Discos der Türkei.Im Odda Hotel können sie zwar mit schalldichten Fenstern umgehen, nicht aber mit einem guten Frühstück, darum suchen wir uns ein nettes Plätzchen im schicken The House Café nahe dem Tünel Platz. Die Frühstückskarte gibt alles her, worauf man Lust haben könnte. Von Rührei bis Eggs Benedict ist eigentlich alles dabei. Wer lieber regionales essen will, findet um die Ecke eines der vielen Simit Cafés. Auch köstlich. Besonders mit Käse und einem guten Cay.
Da Reisefreunde ein Faible für Flohmärkte und Antiquitätenläden haben, suchen wir nach unserem Frühstück die passende Ecke aus. Rund um die Çukurcuma Straße haben sich unzählige kleine Nippes-Läden gereiht, die mal mehr, mal weniger wertvolles feilbieten. Wir finden vor allem lustigen Kram, tolle Fotomotive, viele hübsche Katzen und einen ganz besonders herzlichen Verkäufer, der uns Platz zum ausruhen und einen köstlichen Caytee dazu anbietet. Eine ähnlich unfassbar freundliche Situation erleben wir nur wenige Stunden später, als wir vor der Karabaş Mustafa Ağa Cami Moschee stehen und neugierig hineingucken. Ein junger, sehr schick gekleideter Mann kommt lächelnd auf uns zu und fragte woher wir kämen. Aha! Deutschland freut er sich und erzählt in sehr passablem Deutsch, wie schön unser Land sei und dass er auch mal dort gelebt hat. Er ist der Iman der Moschee und bittet uns, sein Haus zu besichtigen. Ich wickele mit ein Tuch um und schon stehen wir in dem prächtigen Bau. Ziemlich erschöpft von so vielen Eindrücken verbringen wir den Abend im Cezayir, das zurück im Zentrum von Beyoglu in einer alten Schule untergebracht ist und moderne türkische Küche serviert. Wir sitzen im schönen Garten und wieder gesellen sich kleine Katzen zu uns die zu dankbar für eine Streicheleinheit oder ein Stückchen Brot sind. Einen Absacker nehmen wir in der benachbarten „französischen Straße“, eine kleinen steilen Gasse, an deren bunt getünchten Häuserwände sich die anliegenden Bars kleine Terrassen gezimmert haben und die verliebten Paare Raki trinkend Händchen halten. So wie wir, glücklich und dankbar für diesen schönen Urlaub und die leidenschaftliche Liebe, die wir seitdem für Istanbul empfinden.
Einen kleinen visuellen Eindruck von unserem Urlaub gibt er übrigens hier: