Eine Schweißperle rennt an meiner Wange runter. Ich keuche und stemme mich auf die beiden Stöcke. Meine Beine tun mir weh – und ich merke, wie mir langsam die Kraft ausgeht. Die gerechte Strafe. Karma. Retourkutsche. Wofür? Dafür, dass ich diese Art der Fortbewegung bisher nicht für voll genommen habe. Wovon die Rede ist? Langlaufen!
„Ach, das ist doch nur was für alte Menschen“- „Ja, die gurken dann so gemütlich durch die Landschaft“. So in etwa hätte man sich meine Gedanken zum dem Thema früher vorstellen können. Eines vorweg: ich bin überhaupt nur zweimal in meinem Leben Ski gefahren. Beim ersten Mal lief alles wie am Schnürchen. Ich hatte kaum Angst, bin einfach los gebrettert – alles war wunderbar. Ich habe mich in die Kurven gelegt, als säße ich auf meinem Motorrad. Alles ganz smooth. Beim zweiten Mal kam ich mit den Skiern auf eine kleine Eisplatte, verlor die Kontrolle und kam kurz vor einem ziemlich steilen Abhang zum Halt. Das war es dann für mich und Skifahren. Die Angst davor, mit einem gebrochenen Bein für Monate arbeitsunfähig zu sein, hat mich von weiteren Ski-Versuchen abgehalten. Schlimm genug also, solche dummen Vorurteile über das Langlaufen zu haben. Shame on me!
Ich bin in Saalfelden Leogang in Österreich – im Bundesland Salzburg. Die letzten Wochen hat es unaufhörlich geschneit. Meine Lehrerin kommt zurück zu mir. Siegi Berta von der Alpinskischule Markus Hirnböck ist eine Wucht. Seit über einer Stunde versucht sie mit der Geduld eines Elefanten, der Grazie einer Fee und einer Menge Witz, mir das Langlaufen beizubringen, während meine Kollegin Nina von Smaracuja das Desaster filmt. Deswegen sind wir übrigens hier: Wir drehen Selbstversuche. Erst war Nina am Achensee dran und glänzte mit Bravour, jetzt scheitere ich kläglich auf den Brettern.
Stümperhaft ist das richtige Wort, wenn man meinen Fahrstil beschreiben wollte. Aber immerhin: es macht mir Spaß. Ich lache mich eigentlich die ganze Zeit schlapp. Über meine Tolpatschigkeit oder über mein Unvermögen, einen winzigen Hügel hochzukommen.
Irgendwann bin ich völlig erschöpft. Wir machen Schluss für heute. Zum Glück liegt die Loipe direkt an meinem Hotel, dem schicken Ritzenhof direkt an Ritzensee in Saalfelden. Man hat mir dankenswerterweise eine Suite gegeben – mit einem absoluten Highlight, auf das ich mich jetzt sehr freue: eine freistehende Wanne. Während sich meine Muskeln im heißen Wasser langsam wieder entspannen, blättere ich im den üblichen Imagebroschüren. 150 Loipen Streckenkilometer gibt es hier. Internationale Wettkämpfe finden in Saalfelden Leogang statt. Und das alles umgeben von einem herrlichen Bergpanorama. Von dem haben wir allerdings noch nicht viel gesehen. Eine Nebeldecke hängt über dem Ort. Karma, ich sag’s ja.
Als es langsam dunkel wird, kommt deshalb eine ganz besonderes Stimmung aus. Mystisch wird es. Wir sind zum Schneeschuh-Wandern verabredet. Unser Guide Birgit Battocleti bringt uns durch den Tiefschnee über etliche Felder und Hügel durch einen Wald. Wir haben Glück, der Himmel ist mittlerweile aufgeklart, und wir können ein paar Sterne und den magisch leuchtenden Vollmond sehen. Und als wir mittendrin Rast machen, wirkt alles tatsächlich wie in einem Märchen. Übrigens hat mir Apfel-Zimt-Tee noch nie so gut geschmeckt. Ich halte die dampfende Tasse wie ein Juwel in meinen Händen. Drei Stunden später, nach einem köstlichen Abendessen im Hotel, liege ich erschlagen in meinem Bett. Um 22 Uhr.
Tagsdrauf geht es sportlich weiter: Siegi wartet schon auf der Loipe. Obwohl ich Muskelkater bis zum abwinken habe, geht das Langlaufen heute ein wenig besser. Zumindest zeitweise. Und wie auch am Vortag habe ich vor allem eine große Portion Spaß, aber kaum Talent. Dafür fällt Mittags dann auch die Verabschiedung von Siegi schwer – denn die Motivation, die sie mir gegeben hat, kam von Herzen. Eine tolle Lehrerin!
Als ich wenig später mit Kollegin Nina ganz romantisch in einer Pferdekutsche sitze und mich und meine müden Beine in drei Decken wickle, habe ich endlich Zeit noch einmal Revue passieren zu lassen. Ja, meine Schmerzen und sicherlich auch der Muskelkater, der morgen kommen wird, sind verdient. Allein für die dummen Vorurteile die ich über das Langlaufen hatte. Wie immer völlig grundlos. Langlaufen ist tatsächlich eher eine Ausdauersportart, die den ganzen Körper fordert. Eine richtig gute Möglichkeit Spaß im Schnee zu haben ohne einen Berg herunter zu jagen und einen schlimmen Beinbruch zu riskieren. Ich auf jeden Fall werde das sicherlich noch einmal ausprobieren. Wenn auch hoffentlich generell in besserer sportlicher Verfassung. Danke, Österreich!
Disclaimer: Ich wurde auf den Landlauf Kurs eingeladen – um darüber mit meiner Kollegin Nina von Smaracuja für Österreich Werbung und Saalfelden Leogang Touristik GmbH einen Film zu drehen und Fotos zu schießen. Wie immer bleibt meine Meinung von dieser Tatsache unbeeinflusst. Die Fotos, auf denen ich mit meiner Skilehrerin zu sehen bin hat Nina Hüpen-Bestendonk geschossen. Danke dafür!