Eine Kreuzfahrt wollte ich nie machen, wenn überhaupt dann nur eine Fahrt mit einem Postschiff durch die Fjorde von Norwegen. Nun stehe ich auf einem Norwegischen Postschiff und fahre durch Fjorde, doll! Letztere aber liegen in Chile und nicht in Norwegen, noch doller! Und das allerbeste: unser Ziel heißt: Antarktis.
Die MS Midnatsol zieht gemächlich ihre Bahnen, gerade erst sind wir aus Punta Arenas ausgelaufen, nun zeigen sich die ersten Berge. Satt und grün sind sie noch – aber je südlicher wir kommen um so häufiger zeigen sich Schneespitzen.
Durch die Chilenischen Fjorde
Ich stehe auf Deck 6 und schaue mir den Sonnenaufgang an. Patagonien, Feuerland, Beagle-Kanal … all das sind Namen die nach abenteuerlichen Geschichten klingen, denke ich. Und die mich zurück versetzen in meine Kindheit, die abwechselnd von Bücher lesen und von wilden Abenteuerspielen geprägt war.
Wir fahren auf der Magellanstraße – auf dem Weg nach Puerto Williams, einer der südlichsten Städte von Südamerika. Vorbei an Inseln, Abzweigungen und immer wieder hohen Bergen.
Im Beagle Kanal biegen ab in die enge Fahrrinne des Gabriel-Kanals, der rechts und links von hohen Fjorden gesäumt wird.
Am Garibaldi-Gletscher
Das Geräusch der rasselnden Ankerkette heißt an diesem ersten Tag einfach nur: wir ankern. Schon in wenigen Tagen wird das Geräusch für alle an Bord heißen: die Chancen auf eine Anlandung stehen gut. Aber noch wissen wir nichts davon. Denn jetzt werden zum ersten Mal die Zubringer-Boote ins Wasser gelassen und ich bin aufgeregt. Meine Mitreisenden und ich sind in Gruppen eingeteilt. Nur knapp 350 Reisende sind an Bord und nicht alle können gleichzeitig in die Tenderboote. Darum gibt es jeden Abend einen genauen Plan, wann für welchen Passagier die Anlandungen oder Ausfahrten (sogenannte Cruises) beginnen.
Ich stecke in etlichen Schichten, die letzte ist wasserfest. Zwei Helfer rechts und links reichen mir ihre Hände am Tender-Pit, einer kleinen Metallbrücke, von der man vom großen Schiff in die kleinen Boote kommt. Mit vielleicht 12 Mann ist unser Boot besetzt und schon gleiten wir geschmeidig über das Wasser und lassen das große Schiff hinter uns. Nebenan fährt Arved Fuchs mit. Ja, DER Arved Fuchs. Abenteurer, Polarforscher, Buchautor, bekannt aus Funk und Fernsehen. Eine Freundin von mir ist im Quadrat gesprungen, als ich ihr sagte, er sei als Expeditions-Mitglied und Lektor mit an Bord.
Wir fahren um eine Kurve und sehen von weitem unser erstes Highlight dieser Reise: Den Garibaldi-Gletscher. Eisbrocken treiben neben uns auf dem klaren Wasser. Bis auf das Klicken der Kameras und dem Knirschen des Eises an unserem Boot hört man nicht viel. Die Motoren laufen sehr leise auf kleiner Kraft, ich halte den Atem an, mein Blick liegt gebannt auf dem blauen Farben des sich nähernden Gletschers.
Die Gletscherzunge reicht bis an Wasser, wir halten gebührenden Abstand. In unterschiedlichen Blautönen leuchtet das Eis und natürlich besonders intensiv, wenn sich die Sonnenstrahlen ab und zu an ihm brechen. Rechts und links stürzen kleine Wasserfälle von den Bergwänden, es ist später Frühling auf der südlichen Halbinsel, das Schmelzwasser sucht sich seinen Weg. Ein Anblick für die Götter.
Wale an Backbord!
Nach knapp eineinhalb Stunden steige ich wieder um auf die MS Midnatsol. Wir holen den Anker ein und machen kehrt. Und gerade als ich denke, was ich für einen perfekten ersten Tag an Bord hatte, kommt durch die Lautsprecher die Ansage, es seien Wale gesichtet worden. Wohl alle Passagiere stehen an Deck, fotografieren und beobachten gespannt.
Auf und ab tauchen die Wale, sie sprühen ihre Fontänen weit nach oben und sind irgendwann nicht mehr zu sehen. Seiwale sind es gewesen, hören wir später vom Expeditionsteam. Ich sitze mittlerweile mit meinen Miteisenden beim Abendessen, die Sonne geht sanft unter und langsam ahne ich, dass so viel Schönheit und Abenteuer wohl nur der Anfang waren.
Auch meine Kollegen haben schon fleißig in die Tasten gehauen. Piet zum Beispiel hat ein Interview mit Arved Fuchs geführt und Melanies Herz ist am Garibaldi Gletscher geschmolzen.
Auf das Abenteuer wurde ich von Hurtigruten eingeladen. Vielen Dank dafür.
Wie unglaublich schön! Ich hab Kreuzfahrten gegenüber auch so meine Vorurteile, aber zu so einer würde ich sicher nicht nein sagen. Wirklich traumhaft!