Mit der untergehenden Sonne kommen die Vögel. Sie setzen sich auf die Masten des Pontons – einer schwimmenden Plattform – und es werden immer mehr. Es sieht so aus als würden sie um den besten Platz streiten. Sonst fällt mein Blick nur auf die unendlich scheinenden Weiten des Ozeans um mich herum, mitten auf dem Great Barrier Reef bei den Wthitsundays in Queensland, Australien. Genau in dieser Abgeschiedenheit werde ich eine Nacht verbringen – als “Reefsleeper”.
Ich muss mich nicht um den besten Logenplatz zanken, denn nur zwölf “Reefsleeper” sind an Bord erlaubt. Der weite Himmel vor meinen Augen erscheint mir wie eine große Leinwand. Sekündlich wechseln die Wolken in eine andere Farbe. Hinter mir zischt der Grill. Bald gibt es Abendessen. Leise Musik spielt, die Hauptrolle aber haben der Sonnenuntergang, die Vögel und ihr Geschnatter.
Um neun ist es dunkel und ich tapse nach oben auf das Deck der schwimmenden Station. In einem Swag – einem Einmannzelt – werde ich die Nacht verbringen. Mitten auf dem Great Barrier Reef. Mit mir an Bord sind weitere Reiseautoren und eine Handvoll Crew Mitglieder – sonst weit und breit niemand.
Mittags waren wir am Ponton angekommen – auf einem großen Ausflugschiff. Die anderen 200 Passagiere haben mir mit Verlaub ein wenig Angst gemacht. Partystimmung. Volle Gänge. Nicht so mein Ding.
Vier Stunden lang bevölkern wir gemeinsam die schwimmende Ausflugsstation namens “Reefworld”. Man kann hier schnorcheln, tauchen, in einem kleinen Mini-Tauchboot eine Rundfahrt machen. Aber bei der Beochachtung mancher Gäste und als Freund der Unterwasserwelt zieht sich mir der Magen zusammen. Mehrfach werden vor allem asiatische Touristen aus dem Wasser zurückgepfiffen. Sie verlassen die gekennzeichneten Zonen zum Schnorcheln, stellen sich auf die empfindlichen Korallen oder legen sich darauf. Ich verstehe diese Menschen nicht.
Ich ziehe mir die Taucherausrüstung an. Unter Wasser ist die Welt bis zur Kante des Korallenriffs bunt. Aber je tiefer wir tauchen, umso weißer werden die Korallen. Mir ihrem Tod verschwindet langsam auch das Leben hier unten. Es ist traurig, den Klimawandel so nah vor meiner Tauchbrille zu sehen.
Wir werden zu einem Rundflug eingeladen. Aus der Luft zeigt das hiesige Hardy Reef, wie es aussehen kann, wenn Touristen hier nicht planschen dürfen. Der Heli-Pilot zeigt uns große Schildkröten – die das Gebiet um unser Boot allerdings großzügig meiden. Nur wenige verirren sich hin zum Trubel an der Plattform. Auch Haie gibt es von hier oben zu sehen. Ein schöner Anblick!
Das Highlight aber ist das Heart Reef, das seinen Namen zu Recht trägt. Es hat eine Herzform, und natürlich kann unser Pilot bei seinen Rundflügen etlichen Heiratsanträgen lauschen, erzählt er uns. Ihm selber wurde noch keiner gestellt, scherzt er. Hier darf niemand schwimmen oder schnorcheln. Das Areal ist geschützt und das sieht man ihm an. Ich bin erleichtert.
Um drei Uhr legt das Boot mit den Tagestouristen wieder ab. Wir bleiben. Eine unbeschreibliche Ruhe und Entspanntheit kehrt zurück. Die Crew kümmert sich liebevoll um uns, bereitet Drinks und Essen zu und baut unsere Zelte auf.
Wer möchte, kann die Seiten und das „Dach“ des Swags öffnen, um sich nachts den Wind um die Nase wehen zu lassen oder einen Blick auf die Sterne zu erhaschen. Das mit den Sternen wird bei uns nichts, der Himmel zieht sich weiter zu und später in der Nacht fängt es leicht an zu regnen.
Dennoch oder vielleicht gerade deshalb schlafe ich wie ein Stein und wache pünktlich zum Sonnenaufgang auf. Das Reef gehört nun noch bis 11Uhr nur uns, wir können noch einmal schnorcheln, einmal kurz die Dusche benutzen, frühstücken und uns sonnen. Bevor erneut ein Boot mit Touristen anlegt – neue “Reefsleeper” und Tagestouristen mitbringt und uns dann schließlich um 15 Uhr wieder zurück nimmt. Ich wäre gern noch eine Nacht geblieben.
Mehr Infos:
Der Reefsleep, die Übernachtung auf dem Great Barrier Reef, kostet pro Person im Einzelzelt nach aktuellem Umrechnungskurs rund 300 Euro (Stand: September 2016). Alle Mahlzeiten sowie die An- und Abreise, in unserem Fall ab Hamilton Island, sind im Preis mit inbegriffen. Das kleine Abenteuer wird von Cruise Whitsundays angeboten. Mehr Informationen zu den Whitsundays gibt es hier!
Meine Reise und dieser Ausflug wurden von Visit Queensland und Visit Australia finanziert.
Sehr guter Bericht, das ganze muss ich auch mal ausprobieren. Am Great Barrier Reef war ich zwar schon aber da Scan dort übernachten kann war mir komplett neu. Danke für den Tipp!