Hätte ich einen Hut auf, dann hätte ich ihn mehrfach vor Suzanne Goin gezogen. Suzanne Goin ist Köchin und Besitzerin von sieben Restaurants in Los Angeles, sie leitet einen Cateringbetrieb, ist Mutter von drei Kindern und engagiert sich für den guten Zweck. Ein gelebtes Multitasking, das bei mir zur Oberflächlichkeit führen würde. Bei Suzanne Goin ist das allerdings nicht der Fall.
Ich treffe sie in ihrem Restaurant „A.O.C.“ in Los Angeles. Gerade laufen die Vorbereitungen für den Mittagsservice. Es duftet bereits herrlich aus der Küche, die Tische sind gedeckt und der schöne Innenhof hergerichtet. Suzanne Goin kommt mit einem breiten Lächeln auf mich zu. Sie sieht wirklich aus wie auf den Fotos die ich von ihr gesehen habe. Bei wenigen Chefs ist das der Fall. Sie trägt kein Make-Up, das muss sie auch nicht, denn bekanntlich kommt wahre Schönheit von innen. Und von all dem hat sie eine große Portion abbekommen.
(DEUTSCHE UNTERTITEL GIBT ES MIT EINEM KLICK AUF DAS CC SYMBOL!)
Sie führt mich durch das Restaurant und stellt mich ihren Mitarbeitern vor. Von jedem weiß sie genau, seit wann man zusammenarbeitet. Die Sätze, in denen sie „ich“ sagen könnte, werden mit dem Wort „wir“ ersetzt. Teamwork at it’s best. Wir sind in der Küche angekommen, für mich der Spiegel eines Restaurants. Eng ist es hier – aber dennoch entspannt. Die Köche sind an ihren Stationen gut eingespielt, die Arbeitsabläufe gehen schnell und sind koordiniert. „Wir haben Mitarbeiter die von Anfang an dabei sind. Wir machen schon Witze darüber, dass hier erst eine Stelle frei wird, wenn jemand in Rente geht“, erzählt sie mir. Und zwei ihrer Köche, die neben uns stehen, müssen lachen und nicken. Wenn der Boss zur Freundin wird hat man sicherlich viel Glück. Und das wissen die Mitarbeiter zu schätzen. Respekt haben sie dennoch oder vielleicht genau deshalb vor ihr, das merkt man.
Befreundet ist sie mittlerweile auch mit den Köchen und Managern ihrer weiteren Position. Suzanne Goin ist Mitglied im International Culinary Panel von Singapore Airlines. Sie berät und kreiert Gerichte für die Fluggesellschaft. Hauptsächlich werden ihre Speisen auf den Strecken zwischen Kalifornien und Singapur serviert, aber auch auf anderen internationalen Flügen sind sie zu finden. Dafür kommt ein Team der Airline zweimal im Jahr zu ihr. Man kocht gemeinsam, probiert und überlegt sich, wie die Menüs an Bord nachgekocht werden können – ohne ihre Qualität zu verlieren. Für eine andere Airline hätte sie nicht ihren Namen hergegeben, verrät sie mir im Nebensatz. Es ist recht deutlich, dass sie selbst ein Fan der Fluggesellschaft ist.
Die Waren ihrer europäisch und mexikanisch inspirierten Küche kommen aus der Region und sind saisonal. „Slow Food und Farm-to-Table“ werfe ich ein. Sie schmunzelt und antwortet „Nun ja, ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wie man anders kochen soll. Nur so macht doch Essen Sinn. Ich finde es lustig, dass das jetzt als Trend bezeichnet wird. Wir haben nie anders gekocht.“ Das schmeckt man. Wir sitzen oben im schönen Innenhof – vor uns werden große Platten aufgetischt, Teilen ist angesagt. Auch damit war Suzanne Goin die erste in Los Angeles.“Familystyle“ heißt der sich daraus längst etablierte Trend.
Für ihre Familie und vor allem für Kinder nimmt sich Suzanne Goin dennoch Zeit. Woher ist mir schleierhaft – aber Planung scheint ihr Ding zu sein. Einmal im Jahr veranstaltet sie gemeinsam mit ihrer Businesspartnerin Caroline Styne und ihrem Mann und (ebenfalls ein Koch und Restaurantbesitzer) David Lentz die Wohltätigkeitsveranstaltung „L.A. loves Alex’s Lemonade“ , um Geld für krebskranke Kinder zu sammeln. Die Stiftung geht zurück auf Alex Scott, die nach einer langen Behandlung zurückgeben wollte und mit einem eigenen Limonadenstand Geld für ihr Krankenhaus gesammelt hat. Als sie acht Jahre alt war, verlor Alex den Kampf gegen Krebs. Ihre Eltern machten in ihrem Namen weiter. Suzanne und David trafen die Eltern des Mädchens auf einer der Wohltätigkeitsveranstaltung „Alex Lemonade“ und waren so ergriffen, dass sie eine eigene, unterstützende Charity ins Leben riefen. Über drei Millionen Dollar sind schon zusammengekommen. „Und auch dieses Jahr bin ich optimistisch, einen sechsstelligen Betrag für die Kinderkrebsforschung zu erzielen. Man darf nicht locker lassen. Ich bin gut im Einsammeln.“ Sagt Suzanne, holt einmal tief Luft und schaut mir in die Augen. Die haben sich mittlerweile mit Tränen gefüllt – wie auch bei ihr. Da muss man dann nichts mehr sagen. Unter Frauen ist klar was man in so einem Fall macht. Wir stehen auf und umarmen uns. Das ist auch viel besser und sagt deutlich mehr, als einen Hut zu ziehen.
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Mein Dank gilt den vielen Helfern von Singapore Airlines, die mir diese Reise ermöglicht haben und drei Monate mit mir am Konzept gebastelt haben. Singapore Airlines hat mich auf die Reise eingeladen. In Kürze erscheinen meine Geschichten auch im Bordmagazin der Airline.