Die Luft über dem Highway flimmert. Links und rechts Wüste und unsere Tanknadel nähert sich langsam aber sicher dem roten Bereich. Wieso überhaupt ist hier plötzlich eine Wüste? Stand ich nicht eben noch an einem Wasserfall? Und wo bitte ist die nächste Tankstelle? Willkommen auf einem Roadtrip durch Oregon.
Aber von Anfang an. Wir verabschieden uns von Portland und steigen in unseren Mietwagen. Gerade so passt unser Gepäck in den Kofferraum. Typisch Mädchen. Jeanny macht es sich hinten bequem, Nina ist mein Co-Pilot. Wir fahren gen Osten. Unser erstes Ziel: Columbia River Gorge.
Der breite Fluss schlängelt sich durch den Norden Oregons, an seiner Seite der schöne rekonstruierte Historic Scenic Highway, den wir zum Teil für unsere Route nutzen können. Erstes Roadtrip Feeling kommt auf. Wir halten an einem der ersten Wasserfälle dieser Region und erleben eine erste Überraschung.
Die Multnomah Falls, ein imposanter zweistufiger Wasserfall, liegt wirklich nur wenige Meter von der Straße entfernt. Für manch bequemen Touristen ist das natürlich ideal. Wir sind ein bisschen schockiert, dass man für so viel Schönheit so wenig tun muss. Natürlich gibt s hier einen Souvenirshop und ein Restaurant.
Nur wenige Meter weiter sieht das allerdings schon anders aus. Der Oneonta Gorge und seine Wasserfälle sind nur schwer zugänglich. Wir hatten vorher recherchiert und sind entsprechend ausgerüstet. Wir tragen hässliche Wasserschuhe, der Bikini sitzt unter den Sportklamotten, und wir haben wasserfeste Packbags dabei für unsere Kameras. Denn unterschiedlicher kann hier der Zugang nicht sein: um den ersten Wasserfall zu sehen muss man über zweimeterhohe mitten in der Schlucht liegende Holzstämme klettern, durch ein steiniges Flussbett balancieren und schließlich durch über hüfthohes kaltes Wasser stapfen. Zumindest im Sommer. Das Wasser steigt natürlich in anderen Jahreszeiten. Aber der beschwerliche Weg lohnt sich selbst bei großem Besucherandrang. Zurück am Auto setzen wir uns auf die mitgebrachten Handtücher – denn umziehen kann man sich nirgends. Ich sag ja: Kontrastprogramm! Der schöne Historic Columbia River Highway endet leider irgendwann, bis zu seiner vollständigen Rekonstruktion muss noch Geld gesammelt werden. Wir düsen deshalb auf der Interstate 84 weiter Richtung Osten.
Unser Ziel ist das kleine Städtchen Hood River. Auf dem Weg in die Stadt kommen uns nicht nur etliche Oldtimer entgegen, sondern auch SUVs mit Surfbrettern auf dem Dach. Obwohl das Meer Stunden entfernt liegt. Erst später werden wir über den Grund aufgeklärt: die Winde am Fluss sind so stark, dass hier tatsächlich sämtliche dafür geeignete Wassersportarten betrieben werden.
Der Stadt tut das gut. Die Läden der Oak Street in Downtown sind allesamt vermietet, es gibt sogar eine recht lebendige Barszene – und auf den Straßen sehen wir einige Hipster und Surfertypen. Wir beziehen unsere Unterkunft – das Hood River Hotel direkt im Zentrum. Ein Hauch vom der alten Zeit umweht das historische Haus, mein Zimmer ist eher ein Apartment samt kleiner Küche und Bügelzimmer!
Gleich gegenüber ist am Abend für uns ein Tisch im Celilo reserviert, dem besten Restaurant der Stadt. Chef Ben Stenn hat es vor Jahren hier hergezogen, nach leereichen Stationen in französischen Michelin-Restaurants und nach Jahren in New York. Hier kann er endlich seiner eigenen Fantasie und Leidenschaft nachkommen: nämlich einfach feines, regionales und saisonales Essen zubereiten. Seine Produzenten kennt er alle persönlich, sie kommen aus dem fruchtbaren Umland der Stadt. Manche von Ihnen, erzählt er uns, klopfen einfach an die Küchentür, wenn sie zum Beispiel gute Pilze gesammelt haben. Dann schreibt er einfach das Menü um. So viel Liebe zum Produkt und zur Region merkt man – bei jedem einzelnen Bissen. Meine Auszeichnung “Kiss the Chef” ist wirklich verdient!
15 Stunden später. Die Sonne steht hoch am Himmel. Wir waren morgens aus Hood River losgefahren, der Tank war weit mehr als halb voll. Und natürlich wussten wir weder, wie viel Sprit unser Wagen eigentlich verbraucht, noch dass sich auf dem Highway 97 durch die Wüste keine einzige Tankstelle befindet. Gute 90 Meilen bis zu unserem eigentlichen Ziel und zurück liegen noch vor uns, als die Tanknadel nur noch ein Viertel voll zeigt.
Und wir sind in einem Kaff in the Middle of nowhere. Shaniko heißt es. Wir sehen zwar zwei Zapfsäulen, aber sie sind längst nicht mehr in Betrieb. „There is no gas in Shaniko“ steht auf der Wand eines Diners.
Aber: deren Besitzerin, die eigentlich gerade ihr Make-Up aus dem Wagen holen wollte, weiß Rat. Im Generalstore würde man manchmal einen 2-Gallon Kanister für sage und schreibe 20 Dollar kaufen können. Ein stolzer Preis. Wir überlegen, wo es eigentlich nichts zu überlegen gibt. Mit zwei Gallons mehr im Tank schaffen wir es zwar auch nicht mehr zu unserem eigentlichen Ziel den Painted Hills, aber wohl bis zur nächsten Stadt und zur nächsten Tankstelle. Wir zahlen zähneknirschend – und schaffen es damit tatsächlich durch die Wüste und kleine, weitere tankstellenleeren Orte nach Madras. In Sherlock Holmes Manier hatte ich mir übrigens die Position der Tankanzeige vor dem Auftanken gemerkt. Ohne die 20 Dollar Spritze wären wir 7 Meilen vor Madras liegen geblieben. Ein erstes, echtes Roadtrip Abenteuer!
Vielen Dank an Travel Oregon und Hood River, die unser Programm in Teilen unterstützt haben.
Sehr schöne Bilder. Bei meiner nächsten USA Reise werde ich auch mal einen Abstecher nach Oregon machen. Vielen Dank! 😉