Lyon hat aktuell 14 Sterne im Michelin Guide. Aber es geht auch ohne, außer denen am Himmel natürlich. Ich war sehr erleichtert, dass während meiner Gourmetreise auch Restaurants auf der Liste standen, die keinen Stern haben. Warum? Weil ich eben auch gern spontaner in ein Restaurant gehen möchte ohne lange vorzubestellen, und ich denke euch, liebe Reisefreunde, geht es ähnlich. Und noch glücklicher war ich, als ich dann endlich vor Ort war. Denn Lyon ist die leckerste Stadt von ganz Frankreich. Ätsch Paris!
Bouchons heißen hier die Restaurants, in denen es tradtitioneller zu geht – und davon gibt es eine Menge. Wir waren im “Daniel et Denise” – ein besonders empfehlenswertes Restaurant in Lyon. Chef Joseph Viola ist ein MOF, das ist nix unanständiges, ganz im Gegenteil – das ist ein Meilleur Ouvrier de France, jemand der von aller höchster Stufe zu einem herausragenden Vertreter seines Handwerks erkoren wurde. Dekoriert wird das ganze mit einem Orden, den die Köche bei offiziellen Veranstaltungen mit Stolz tragen. Aber zurück zum Essen. Im “Daniel et Denise” wird klassische Küche aus Lyon geboten.
Deftige Gerichte, sehr fleischlastig und herzhaft. Wir nahmen als Vorspeise die Pâté en croûte, für die Chef Joseph ebenfalls schon einige Preise eingeheimst hat, gefolgt von der klassischen Quenelle de brochet, einem Fischklößchen in cremiger Soße für meine Tischnachbarn und für mich ein Cocotte mit einer groben Wurst, Kartoffeln und einer Soße aus Rotwein und Zwiebeln.
Abgeschlossen wird das klassische Menü mit der schwimmenden Insel: “Ile flottante”, einem fluffig pochierten Baiser das in einer Crème Anglaise schwimmt und mit zuckersüßen Pralinen gefüllt ist. Der Wahnsinn. Natürlich war alles zu viel und natürlich war uns das egal. Chef Joseph muss man, wenn er denn da ist, gesehen haben und ein Schwätzchen mit ihm halten. Er ist witzig und charmant – wohl einer der wesentlichen und entscheideneden Charakterzüge, die ein Koch in Frankreich mitbringen muss, wenn er erfolgreich sein will. Neben einer großen Portion Kochtalent selbstverständlich.
Ein ganz anderes Restaurant, viel schlichter, jünger und ruhiger ist das wunderbare Palégrié. Das hatte uns Romain vom Tourismusamt persönlich ausgesucht, es ist nämlich sein Lieblingsrestaurant. Und schon nach fünf Minuten dachten wir alle “Zu recht!”. Es gibt nur zwei recht kleine Gasträume für maximal 22 Gäste. Der Grund dafür: hier arbeiten nur zwei Personen. Nämlich Chef Guillaume Monjuré und seine Liebste Chrystel Barnier. Mehr geht also nicht.
Gleich zu Beginn gab es zum Brut aus der Region eine Art Flammkuchen mit gehobelten schwarzen Trüffel, das hat mich schon mal schwer überzeugt. Aber auch die nachfolgenden Gerichte, allesamt modern und kreativ gestaltet, haben es mir komplett angetan.
Ein Gang, ein Fera Fisch aus einem nahegelegenen See, kam auf einem heißen Stein (und ich meine jetzt nicht den Heißen Stein-Quatsch, den man in jedem großen Supermarkt bekommt, sondern einem echten großen Stein) vor unsere Nasen und garte dort weiter. Darauf muss man erstmal kommen! Der Service einfach nur perfekt. Aber das beste: ich saß gegenüber von Marjorie von “Faim de Lyon” – einer junge Bloggerin, die über ihre kulinarischen Abenteuer in ihre Heimatstadt und anderen Städten schreibt. Leider nur auf Französisch, aber ich bin jetzt Fan ihres Blogs und treffe sie hoffentlich bald wieder!
Nur auf einen Drink waren wir Tags zuvor ins Cafés des Fédérations eingekehrt. Yves Rivoiron ist der Mann hinter der Theke. Von der Decke baumet eine etwa zwei Meter lange Salami, pardon das heißt hier ja Saucisson. Rustikaler kann ein Laden wohl nicht sein, an den Wänden Devotionalien aus längst vergangenen Tage, rote Lederbänke, blinde Spiegel, Zeichnungen und viel Tinnef. Die Tische sind ganz einfach eingedeckt, aber die Karte hat es in sich. Was ich bei einem Blick erhaschen konnte, hat mich neugierig gemacht. Hier muss ich noch mal mehr als einen Wein zu mir nehmen, wieder ein Grund mehr noch mal nach Lyon zu fahren.
Anders, aber ähnlich ging es mir im “George 5”, dem kleinen Bistro von “Antic Wine – Flying Sommelier” Weinladenbesitzer Georges des Santos. George, eigentlich ein Portugiese, ist nicht nur eine Stimmungskanone mit Raketenantrieb, er ist auch weitgereist und ein wandelndes Weinlexikon. Und gastfreundlich. Hier sollte man seinen Abend beginnen und sich ein bißchen mit den Köstlichkeiten, die hier wechselnd im Angebot sind, auf eine Gourmetorgie einstimmen. Im Keller schlummert manch besonderer Tropfen und dazu gibt es Käse, Wurst oder eingelegtes Gemüse – und wenn man so wie wir Glück hat, zudem noch ein paar lustige Geschichten und herrliche Sprüche vom Chef persönlich.
Ich für meinen Teil komme auf jeden Fall wieder. Wahrscheinlich im Sommer. Merci an Romain und Olivia vom Tourismusamt Rhône-Alpes für diese leckere Tour!
Mehr Blogposts von meiner Gourmet-Reise durch die Region Rhône-Alpes gibt es hier. Und für Foursquare Fans gibt es meine Lyon Tipps auch als Liste hier runterladbar.
Ein sehr schöner Artikel mit wunderbaren Fotos.
Vielen Dank!
Lieben Gruss
Christian