Nicola und ich schauen uns an, als hätten wir ein koreanisches Einhorn gesehen. Was sollen wir tun? Aufstehen und bei der Zeremonie mitmachen. Wie bitte? Wir sitzen in einem VIP Bereich des Yee Peng Lanna International Festivals in Chiang Mai im Norden von Thailand. Und zur Zeremonie gehört, dass die Ehrengäste gemeinsam mit den Mönchen und einer Kerze in der Hand andächtig um den Obermönch und eine goldene Buddha-Statur feierlich kreisen.
Aber von vorne. Am Nachmittag hatten wir aus unerklärlich weiser Voraussicht beschlossen uns extra traditionell und festlich thailändisch für die Zeremonie einzukleiden. Natürlich hatte ich nichts Derartiges dabei, aber das Hotel war so freundlich mich in die Dienstkleidungsabteilung zu lassen und hier nach etwas Passendem für mich zu suchen. Das war gar nicht so leicht. Die thailändische Durchschnittsfrau trägt etwa Größe 32 und hat kaum Oberweite. Ich sehe anders aus. Also suchte man die Bluse für die wohl mopsigste Angestellte und gab mir einen Wickelrock. Das war ultrakomisch und ich dachte noch: wie soll ich in den Klamotten bloß sitzen? Geschweige denn eine sechststündige Zeremonie aushalten…
Nicola, die PR Verantwortliche von Four Seasons Asia hingegen ist ein zartes Wesen, sehr groß und sah hinreißend aus. Also machten wir uns auf den Weg nach Chiang Mai in den buddhistischen Tempel, in dem die Zeremonie stattfinden sollte. Als wir ankamen, war schon viel los. 900 Gäste sollten es dann bis zum Abend werden. Die gesamte Veranstaltung kam den Mädchen eines Bergstammes im Norden von Thailand zu Gute, die Dank des eingenommen Geldes aus Eintrittskarten und Verkäufen von Handarbeit vor Ort eine bessere Ausbildung bekommen sollen.
Da standen wir nun also in unseren traditionellen Kleidern und waren selber eine kleine Sensation. Mehrfach wurden wir gefragt, ob man ein Foto mit uns machen könne. Wir wunderten uns noch als wir einen jungen Mann an die Seite gestellt bekamen, der uns alles genau erklärte, er wich uns nicht von der Seite. Gegen vier nahmen wir mit besten Plätzen vor der Bühne auf einer Mastmatte kniend, das traditionell zu Yee Peng gehörende Essen Kantoke ein. Man teilt köstliches, nordthailändisches Essen mit allen, und hockt dabei an kleinen Tischchen. Dazu gab es auf der Bühne thailändisches Tänze in folkloristischen Kostümen und dazu Ansagen auf Englisch, die den internationalen Gästen genau erklärte, wieso weshalb warum.
Als es dunkel wurde, trippelten wir so anmutig wir konnten weiter zur Hauptbühne, eine große kreisförmige Terrasse, die etwa 40 Mönchen Platz bot und ganz oben von einer großen goldenen Buddha Statur gekrönt war. Wir hatten Plätze ganz vorne. Vor uns waren unzählige Fackeln aufgebaut. Und dann kam der Obermönch. Ich schielte nach rechts und links, um zu sehen, was die Gläubigen so taten. Und als alle anderen sich verbeugten tat ich das auch. Mit seinen sanften, langsamen Worten, sprach der Mönch zu uns auch auf Englisch. Wir sollten versuchen zu meditieren, unsere inneren Frieden zu finden. Ein kleiner Rebell in mir sträubte sich. Sollte ich mich darauf wirklich einlassen? Ich bin nicht religiös, aber die Stimme des Mönches war so verlockend beruhigend, dass ich die Augen schloss, meine Hände zum buddhistischen Gebet faltete und einfach mitmachte. Nicola hinter mit machte auch mit. Meine Gedanken leerten sich aber leider nicht wirklich. Aber ich wurde sehr ruhig und versuchte, die Worte in mich aufzusaugen wie ein Schwamm. Und wurde nur dadurch gestört, dass viele Fotografen wohl den Anblick von den beiden weißhäutigen Langnasen in Thaikleidung so interessant fanden, dass sie uns im Prinzip dauerfotografiert haben. Nach etwa einer Stunde mit Gesängen und Gebeten bat uns dann plötzlich unser Begleiter, die Fackeln mit anzuzünden. Damit hatten wir nicht gerechnet, so eine Ehre wurde nur der veranstaltenden Delegationen zu teil. Und anscheinend uns. Und dann bekamen wir auch noch jeder eine Kerze in die Hand gedrückt und sollten uns hinter etwa 20 jungen Mönchen aufstellen. Und in ihnen langsamen Schrittes folgen, wie sie drei Ehrenrunden um die große Bühne durch das staunende Publikum zogen. Und auch hier knipsten die Fotografen uns Langnasen als wären wir Stars.
Mit Yee Peng oder Loy Krathong, wie das Fest auch genannt wird, wollen die Menschen hier nicht nur durch inneren Frieden gute Wünsche aus ihrem friedvollen, scheinenden Herzen in den Himmel schicken, sondern auch ihre Sorgen loswerden. Beides sprichwörtlich. Dank einer tiefen Meditation und den Gesängen der Mönche, Gebete und Riten soll man sein inneres Licht finden und dann symbolisch eine mit einem kleinen Feuer und heißer Luft gefüllte große Papierlaterne samt guten Wünschen in den Himmel schicken. Und später nimmt man ein blumengeschmücktes kleines Schiffchen mit einer Kerze und Räucherstäbchen darauf und setzt dieses samt aller Sorgen auf einen Fluss und lässt es forttreiben. Und das taten wir dann auch. Ich habe an viele Menschen gedacht, die zu Hause sind und die ich gern bei dieser Zeremonie dabei gehabt hätte, denn sie hat mich wirklich bewegt. Und an besondere Menschen, die ich bis dahin auf meiner Reise kennenlernen durfte habe und dafür sehr dankbar bin. Überhaupt: Ich wäre gern viel gelassener und innerlich ruhiger. Vielleicht mach ich das jetzt öfter und versuche, ganz still einer sanften Stimme zu lauschen und meinen inneren Frieden zu finden.
Danke Nicola vom Four Seasons für diesen wunderbaren Abend! Das werde ich nie vergessen!
Hallo Angi, ich finde, du siehst auch sehr gut aus in deinem Dress. Schöner Artikel!
Gute Reisen weiter hin,
Matthias
Och, danke Matthias. Geht so, ne?
Dir eine schöne Vorweihnachtszeit!
Liebe Grüße zurück
Angie