Ja bin ich denn in Rom, Bologna oder Florenz? Fast schon vorwitzige Fluchten, barocke Details und pittoreske Ecken und Winkel überall. Nichts davon kann ein Reiseführer vermitteln, und doch ist alles davon so wichtig für die Ästhetik einer Stadt. Graz hat davon eine Menge abbekommen und hat mich so in ihren Bann gezogen, dass ich mir fast selbst verstümmelt hätte. Denn der Blick nach oben lohnt sich in Graz. Auch wenn es weh tut.
Aber von Anfang an: bei einem ersten Spaziergang bin ich perplex, denn die Grazer Altstadt ist fast vollständig erhalten und wurde auch deshlab von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Im Gegensatz zu manch anderen Städten wird einem das aber nicht ständig unter die Nase gerieben. Das hat Graz auch gar nicht nötig. Ihr historischer Stadtkern ist das Spiegelbild der Baukunst der vergangenen Jahrhunderte. Das kann sogar ich erkennen, obwohl ich nicht wahnsinnig viel Ahnung von Architektur habe.
Die Anmut von Graz raubt mir fast den Atem, eine Schönheit die fast schon weh tun. Fluchten wie aus dem Bilderbuch, Eingänge die aussehen als wären sie für ein kitschiges Disney-Märchen erfunden – und doch so authentisch, dass klar ist, dass alle Märchen-Zeichentrickmaler sicherlich auch mal in Graz gewesen sind. “Zum Kotzen schön!”, würde meine Schwester sagen. Der Dramatiker Franz Grillparzer drückte es etwas feiner aus:
“Graz macht den Eindruck, als ob man zum Frieden käme aus dem Krieg”
und ich finde beide haben Recht. Auch auf mich wirkt die Stadt eigenartig beruhigend, vielleicht ist es die Harmonie der Bauten, vielleicht die italienische, mediterrane Stimmung. Erst nach meiner Reise werde ich die geschichtlichen Daten nachlesen und mich in meiner ungeübten Ahnung bestätigt wissen.
Entlang der Straßen der Innenstadt treffen Renaissancebauten, barocke Fassaden auf Jugendstilelemente und die wiederum auf kleine Plätze, Brunnen und Denkmäler. Fast alles ist erhalten geblieben, und der UNESCO Titel trägt dazu bei, dass das auch so in Zukunft so sein wird. Neubauten müssen sich – sagen wir es mal einfach – sanft integrieren und das tun sie so gut, dass sie mir nicht auffallen.
Denn auffällig sind hier nur die für das Auge attraktiven Straßenverläufe, die feinen Details, die Putten, der Stuck und die Spiegelungen der Bauten in den alten Fenstern der Nachbarn. Ab und zu steht mal eins auf, und ich kann einen Blick auf einen alten Kronleuchter erhaschen. Aber nur ahnen, welch Reichtum hier früher existierte.
Und genau dieser Blick in die Vergangenheit erklärt, warum die Stadt so entsetzlich schön geworden ist. Eine ganze Heerschar von Kaisern und Monarchen haben sich und ihre Vorstellungen von Bauten in Graz verewigt. Die Habsburger hatten hier ihren Sitz. Ihnen folgten weitere Adelige und hohe Beamte, die sich ihre Stadthäuser und Villen errichten ließen – auch heute ist das ein wahres Fest für meine Augen.
Der Bau der Grazer Burg, die im gotischen Stil errichtet wurde und dessen Doppelwendeltreppe uns Besuchern richtig Spaß macht, wurde von Herzog Friedrich V. begonnen und von Erzherzog Karl II. und seinem Sohn Kaiser Ferdinand II. weitergeführt. Alle hatten ihr Herz an Graz verloren und schenkte ihr prächtige Bauwerke. Im Mausoleum ruhen nun Ferdinand II. Die ästhetische Kraft des Gebäude-Komplex ist dominant, dass ich selbst beim dritten Mal vorbeigehen erneut dutzende Fotos schießen muss.
Von der Herrengasse, an der sich heute ein Geschäft neben dem anderen befindet, führen weitere Gassen und kleine Höfe ab. Man kann nur noch ahnen, was sich hier vor mehreren hundert Jahren abgespielt hat. Natürlich ist heute alles fein renoviert und herausgeputzt. Aber die Mystik von einst ist immer noch spürbar. Die Gründerzeit war dann schließlich ebenfalls prägend für das heutige Erscheinungsbild der Stadt. All das aber lese ich erst später nach.
In Graz bin ich einmal sogar so gefesselt, dass ich – als ich ein Foto von einem Gebäude machen will – nicht merke wie ich nicht nur mein Handy hebe, sondern auch meinen Kaffee in der anderen Hand. Und so habe ich mir zum ersten Mal in meinem Leben beim Fotografieren Kaffee mitten ins Gesicht geschüttet. So sehr hat mich die Ästhetik der Stadt eingenommen. Immerhin war der Kaffee nicht heiß. Woher der tatsächlich gute Kaffee kam und wo ihr genial essen könnt verrate ich euch übrigens in meinem anderen Blogpost über Graz! Und wenn euch das jetzt zu viel Geschichte war, denn schaut euch unseren kleinen Film an – da trinke ich allerdings ohne mich zu bekleckern…
Meine Reise nach Graz ist Dank einer Zusammenarbeit von iAmbassador und Visit Graz entstanden.
Hey,
toller Reisebericht und wundervolle Bilder von Graz. Macht echt Lust drauf Graz zu besuchen. VG
Wir waren auch schon öfter in Graz und kommen immer wieder gerne dahin zurück. Schöner Reisebericht und tolle Fotos! Grüße, Steffi
Sehr schöner Beitrag. Möchte auch mal dorthin.
Kann es dir auch empfehlen. War nämlich selber schon einmal dort. Eine sehr tolle Stadt. Liebe Grüße aus dem Berghotel Tirol