Photobombing findet niemand in Japan lustig. Denke ich nachdem ich die jungen Menschen, die sich am Kanal in Dotonbori per Selfiestick ablichten wollten, gestört habe. Nun ja. Es war einen Versuch wert. Es ist ja auch mein erster Besuch in Japan, und ich stelle fest: ich weiß nicht viel von diesem Land.
Einiges habe ich natürlich vorher durch meine Recherche erfahren, zum Beispiel dass Osaka als kulinarische Hauptstadt Japans bezeichnet wird. Also habe ich eine Übernachtung eingeplant statt direkt nach Kyoto zu fahren. Ich will essen. Am Liebsten alles, was mir vor die Nase und Augen kommt.
Aber zunächst besuche ich das Hipster Viertel in Osaka. In der Orangestreet trifft sich die Jugend der Stadt in coolen Cafés und raucht – und verprasst hier das Einkommen für Designerklamotten.
Bunte Lädchen mit japanischem Tinnef sowie etliche schicke Läden reihen sich aneinander. Aber ich möchte mein Geld lieber für Essen ausgeben.
Zielstrebig mache ich mich auf Richtung Hauptstraße vom angrenzenden Vergnügungsviertel Dotonbori. Die kulinarische Auswahl überwältigt mich. Rechts und links ausschließlich Restaurants.
Ich habe mal gehört, dass man kann praktisch nicht schlecht in Japan essen kann, also steuere ich auf den ersten Takoyaki Laden zu. Takoyaki sind kleine beratene Teigbällchen, meistens mit Oktopus gefüllt. Darüber werden zwei dickfüssige japanische Saucen verteilt und Bonitoflocken gestreut.
Die Spezialität ist heiß wie Saharasand und lecker hoch zehn. Über die Kalorien sollte man sich besser keine großen Gedanken machen.
In meinem Fall allerdings schon. Denn Zurückhaltung ist die Mutter des speisenden Reisenden – ich will ja noch mehr regionale Spezialitäten aus Osaka probieren. Als das wäre: Okonomiyaki – eine Art japansicher Pfannkuchen, der eher aussieht wie eine dicke Pizza. Bei Mizuno soll es angeblich die besten Okonomiyaki von Osaka geben – und das seit 40 Jahren. Praktischerweise liegt das Lokal gleich um die Ecke, und es ist noch früh. So finde ich als Alleinreisende sofort einen Platz an der Bar.
Denn nur dort sollte man für so ein Essen sitzen, direkt am Geschehen. Vor mir erstreckt sich eine ca. 2 Meter breite Metallplatte, sozusagen der Herd. Dahinter werkeln zwei Okonomiyaki Meister und bereiten die leckeren Flatschen aus Kohl, Mehl, Ei, Dashi und weiteren Köstlichkeiten zu. Es gibt unzählige Varianten, sogar mit Ramen Nudeln. Aber da dies auch noch nicht meine letzte Abendessen Station bleiben soll, halte ich mich wieder zurück. Es dauert vielleicht 15 Minuten, bis das dampfende Ungetüm vor mir steht, neben einer großen Flasche eiskaltem japanischen Bier. Okonomiyaki ist eine ziemlich gute Sache.
Aber es soll noch weiter gehen – ein paar Tempura gehen immer. Ich schleppe mich zur nächstbesten Bar und bestelle die in Bierteig ausgebackene Kleinigkeiten. In meinem Fall Shrimps und Gemüse, die ich draußen sitzend am Kanal knabbere. Ein paar Ratten huschen vorbei, aber das stört mich nicht. Solange sie mir nicht auf den Tisch springen, finde ich das vollkommen okay.
Was danach dringend nötig ist: ein Verdauungsspaziergang. Der führt mich geradewegs in die thematisch gleiche Richtung. Ich gehe kurz vor dessen Schließung noch zum Kuromon Ichiba Markt, in dem sich wiederum natürlich noch mehr Restaurants, Snackbars und Delikatessengeschäfte befinden.
Aber ich kann nur noch schauen, nichts geht mehr. Hätte ich mehr Zeit in Osaka gehabt, dann wäre ich hier morgens hingegangen, das ist die beste Zeit für so einen kulinarischen Besuch.
Am nächsten Tag soll mich ein Bummelzug nach Kyoto bringen. Aber es bleibt mir noch genügend Zeit das westliche Frühstück im Hotel sausen zu lassen und mich zur Burg von Osaka zu begeben. Wenigstens ein wenig Sightseeing muss ja auch sein. Hoch oben in einem Park thront sie über dem zu ihren Füssen stattfindenden touristischen Trubel.
Ich kaufe mir einen Eiskaffee und danach ein japanisches Matchaeis (statt Frühstück sozusagen) und beobachte die eigenartigen Szenen der noch eigenartigeren Touristen hier. Nebenan stolpere ich in einen Kendo-Wettkampf, dessen Klänge mich fast meditativ einlullen – bis ich mich schließlich auf den Weg zum Bahnhof machen muss. Außerdem ist Mittagszeit!
Und auch ist typisch Japan: der Bahnhof besteht im Prinzip mehr aus Restaurants als aus Gleisen. Allesamt so schön anszusehen und verlockend, dass mir die Entscheidung schwer fällt. In Deutschland ist so etwas undenkbar. Da hat man im besten Fall die Wahl zwischen miesen Burgern, trockenen Pizzen und amerikanischen Kaffeebuden, was ja ein Paradox an sich ist.
Hier aber wird mir gerade eine wohlduftende Reisschale vorgesetzt. Vorher wurde mir ein Erfrischungshandtuch gereicht und ein kostenloser Eistee. Kleine eingelegte Gemüse, Salat und Suppe bekomme ich ganz kostenlos hinzu. Genau so wie das freundliche Lächeln, als man sich über meine umgerechnet 3 Euro für das köstliche Mahl freut.
Arigato Osaka, das fängt ja gut an in Japan!
Mein Dank gilt den vielen Helfern von Singapore Airlines, die mir diese Reise ermöglicht haben und drei Monate mit mir am Konzept gebastelt haben. Singapore Airlines hat mich auf die Reise eingeladen. In Kürze erscheinen meine Geschichten auch im Bordmagazin der Airline.
Hallo! Erst einmal ein grosse Kompliment für diesen wunderbaren Blog. Mein Lebenstraum ist nach Osaka zu reisen und dort für ein paar Monate zu verharren. Und dank deiner Seite habe ich das Gefühl, zu zweit, ohne Reiseführung zu reisen, ist möglich und vielleicht auch besser.
Liebe Grüße,
Natascha vom http://www.reiseblogmagazin.de
Danke Natascha! Warum sollte man nicht alleine oder sogar zu zweit reisen können? Es sein denn natürlich, man ist dafür einfach zu jung. Ich reise fast ausschließlich allein durch die Welt – das hat bisher immer großen Spaß gemacht und war wirklich nicht sonderlich schwierig! 🙂