„Serving the world’s finest coffee“ steht draußen an der Tür. Welch vielversprechende Verheißung. Chicagos bekanntestes Frühstückslokal Lou Mitchell’s ist zugleich eines der ältesten. 1923 wurden hier zum ersten Mal Rühreier serviert.
Ein bisschen sieht man das der Einrichtung des Ladens auch an – aber gerade das finde ich besonders reizvoll, als ich die Tür aufstoße und meine ersten Blicke umherschweifen. Rechts eine Bar, wie man sie aus etlichen Filmen kennt. Links Bänke und lange Tische voller hungriger Mäuler, die hier auf ihre erste Mahlzeit des Tages warten. Es riecht nach Speck und gebratenen Zwiebeln. Kellnerinnen mit toupierten und hochgesteckten Haaren flitzen Kaffeekannen haltend durch den großen Raum, weiter hinten sehe ich die Köche die Pfannen schwenken.
Willkommen in Chicago, willkommen am Beginn der Route 66. Einige Klassiker findet man hier auf der Karte. Alles ist deftig und wie immer in den USA überproportioniert. Susann ist unsere Kellnerin, burschikos und mütterlich zugleich gibt sie uns die Speisekarten und bringt schon mal den Kaffee. Der ist für amerikanische Verhältnisse übrigens wirklich gar nicht schlecht. Der beste der Welt ist er allerdings nicht.
Endlich kommt mein Essen: mein Lieblingsfrühstück, das ich gern jeden Tag essen würde, wäre es nicht so unglaublich gehaltvoll. Vor mir stehen noch dampfend und mit Soße überzogen zwei köstliche Eggs Florentine auf einen warmen Muffinbrötchen mit knusprigen Bratkartoffelnn. Geschmacksnote: 5 Sterne, das Frühstück ist zwar einfach und ohne Schischi, aber köstlich. Wenn ich jetzt nur noch zwei Wochen Zeit hätte, um direkt von hier zu einem Roadtrip entlang der Route 66 zu starten…
Aber es geht weiter auf meiner kulinarischen Reise durch Chicago. Ich drücke die Schulbank, wenn auch nur für wenige Stunden. Im Kendall College, dem „Culinary Institute“ von Chicago, treffe ich den charmanten Koch Louis Dourlain, der mich in die Keksbackkunst Amerikas einführt. Zumindest war das der Plan. Ich schaue eifrig zu, wie er Butter, Zucker und Mehl verrührt und daraus dicke Kekse backt. Im Prinzip aber verlassen wir schnell das Cookie Thema und reden über die Ernährungsprobleme der USA: zu viel Zucker, zu viel Fett und zu wenig gesunde Ernährung.
Wenn es nach ihm ginge, müsste Ernährung ein Fach in jeder Schule werden, um die US-Amerikanische Bevölkerung gesunden zu lassen. Sagt er und holt gerade die ultrasüßen Kekse aus dem Backofen und lächelt. Er weiß, wie komisch die Situation gerade ist. Im Kendall College kann übrigens jeder ganz unterschiedliche Kochkurse buchen – aber das interessanteste ist wohl das Fine Dining Restaurant in dem Lehrer und Schüler zeigen, was sie so gelernt haben. Die Plätze sind heiß begehrt, Voranmeldung ist daher Pflicht!
Ebenso voll wird es jeden Abend in einem der besten Barbecue Restaurants von Chicago. Im Chicago Q hat Lee Ann Elizabeth Whippen die Kochmütze auf. Eigentlich wollte sie Pilotin werden, nun bringt sie mit ihrem Essen Fleisch-Liebhaber in höchste Genussregionen. Wir bekommen einen der besten Plätze des Hauses, ganz nah an ihrem Reich, einer überdimensionierten Küche, die einsehbar ist. Und dann steht die Köchin persönlich bei uns am Tisch und nimmt uns einfach die Bestellung ab – beziehungsweise: sie bestellt einfach alles und schickt im bestimmten aber freundlichen Ton ihren jungen Kellner los, um die Order an die Küche weiter zu geben.
Und dann kommen die Vorspeisen – voller kann man einen Tisch nicht laden. Saftiges Pulled Pork, gegrillte Gemüse, frittierte Shrimps, feiner Crabcake, fried Green Tomatoes, honigglasierte Chicken Wings und und und….. ich bin sprachlos. „Ach, das schafft ihr schon“ sagt sie und muss selber lachen. Das Essen ist köstlich und natürlich viel zu viel – bei der zweiten Runde müssen wir die Chefköchin bremsen, denn eigentlich sind wir schon von den Vorspeisen satt – und extrem glücklich.
Deshalb kann ich mich auch nicht zurückhalten und drücke Lee Ann für ihre hervorragenden Meisterwerke einen „Kiss the Chef“ auf die Wange. Und falle danach in einen Tiefschlaf in meinem Hotel.
Direkt unter mir befindet sich das spannende Restaurant Perennial Virant, das überhaupt kein normales Hotel-Restaurant ist, sondern sein wirklich eigenes Ding macht. Tagsdrauf werde ich eine Etage tiefer entführt, sozusagen in die Asservatenkammer des Chefkochs und fühle mich zugleich zurückversetzt in eine andere Zeit. Denn hier stehen wie bei meiner Oma im Keller etliche Einweckgläser mit unzähligen Gemüsen gestapelt auf einfachen Regalen. Einmachen ist der neue Food-Trend in den USA.
Aber Chef Paul Virant gibt sich damit noch nicht zufrieden und kombiniert einfach einen weiteren Trend dazu. Farm-To-Table heißt dieser und steht dafür, dass die Chefköche auf regionale und saisonale Zutaten setzen. So auch hier. Der Käse zum Beispiel kommt von der Prairie Fruits Farm & Creamery in Illinois, deren Ziegen ich noch vor wenigen Tagen gesehen und gekrault habe. Der Ziegenkäse steht zumindest noch auf der Karte, ist aber inzwischen ausverkauft. So ist das, wenn man auf kleine Zulieferer setzt. Das ist für meinen Appetit aber nicht weiter tragisch, ich bestelle einfach andere Köstlichkeiten von der saisonalen Karte. Einziges Manko: fair Produziertes hat hier seinen Preis. Ach ja – und natürlich kennt man auch hier die Bio-Farm, die ich 2013 besucht habe, die Spence Farm unweit von Chicago. Die Welt ist eben auch in dieser Metropole irgendwie ein Dorf – aber ein kulinarisches!
Das Essen in Chicago hat mich erneut überzeugt, schon vor knapp zwei Jahren war ich in der Windy City und bin mit dem Food-Gott der Stadt auf Tour gegangen – wie das war, lest ihr hier!
Vielen Dank an Enjoy Illinois für die Einladung!
Oh Chicago wie schön! Wenn ich mal dort bin werde ich deine Food Tipps auf jede Fall beherzigen!
Viele Grüße,
Sabrina von todayis.de
Nichts wie hin Sabrina! 🙂
Hallo Angelika, die Cookies sehen so lecker aus! Toller Bericht! Ich hoffe ich komme auch irgendwann mal nach Chicago. Viele Grüße Birgit
Soll mal dein Arbeitgeber organisieren! 😉
Liebe Angelika, dein Blogpost kommt genau richtig, denn ich bin gerade auf der Suche nach ein paar Food-Tipps für Chicago. Jetzt habe ich riesigen Hunger bekommen und freue mich noch mehr auf mein kommendes Wochenende in Chicago. Liebe Grüße aus Toronto.
Danke, das freut mich Caecilia! Hab viel Spaß in Chicago – und lass hören, wenn du noch ein paar mehr Tipps hast!
Liebste Grüße, Angelika